Deep Talk Ep. 13: Leise Menschen verkaufen anders.

Ein Gespräch mit Verkaufstrainer Andreas Hoffmann (www.andreas-hoffmann-akademie.de/)

In dieser Ausgabe von »Deep Talk« spreche ich mit Andreas Hoffmann darüber, wie leise und introvertierte Menschen am besten verkaufen.

Er zeigt Dir,

  • wie wichtig es ist, tiefgehende Beziehungen aufzubauen und echtes Interesse an Deinen KundInnen zu haben.

  • wie Du die Bedürfnisse Deiner KundInnen analysierst, um ihre wahren Wünsche zu erfassen.

  • wie Du mit KundInnen in Resonanz gehst, die Deine Werte teilen.

Christina: Hallo, Andreas. Heute soll es um das Thema gehen: „Wie verkaufe ich erfolgreich als leiser Mensch?" Du bist ja seit Jahren im Verkauf tätig, sagst aber gleichzeitig, Du bist introvertiert. Wie passt das zusammen?

Andreas: Hallo, Christina. Eine gute Frage. Den Weg dorthin musste ich für mich ja auch finden. Denn im klassischen Verkaufstraining fand ich mich jetzt nicht so wirklich wieder. Mit den Methoden auf der einen Seite, und auf der anderen Seite war meine Einarbeitung damals: „Hier, Andreas, ist Dein Autoschlüssel. Dein Gebiet kennst du: ganz Österreich, ganz Bayern, halb Sachsen. Deine Kunden kennst du auch, denn du hast keine. Viel Spaß! Viel Erfolg! Auf Wiedersehen.“

Christina: Da musstest Du erst mal schwimmen lernen.

Andreas: Genau.

Christina: Warum tun wir leiseren Menschen uns eigentlich so schwer mit dem Verkaufen?

Andreas: Einerseits mit dem Rollenbild, was wir vom Verkaufen geprägt bekommen von außen. Es beginnt ja im Fernsehen. Der Verkäufer ist grundsätzlich nur das geldgeile provisionsgeile A*** mit der dicken Karre. Also das ist es zum einen.

Zum anderen, wie wir es vielleicht auch kennenlernen, wenn jemand an der Haustür klingelt. Papa macht die Tür auf, dann findet ein kurzer Dialog statt, Papa knallt die Tür wieder zu, regt sich auf und sagt zu seinem Sohn: “Der wollte mir nur was verkaufen.” Als ob das etwas Negatives ist. Das ist sicherlich die eine Prägung.

Und auf der anderen Seite verbinden wir Verkauf in erster Linie mit Kaltakquise. Egal ob Haustürgeschäft, Telefonakquise etc.. Und das ist natürlich etwas, was uns eher ruhigen, leisen, introvertierten Menschen so gar nicht liegt: fremde Menschen einfach mal so oberflächlich anzuquatschen – blöd gesagt.

Christina: So ganz ohne Vorbereitung und Möglichkeit zu fliehen, oder? Und denkst Du, da sind auch Glaubenssätze mit im Spiel? Hattest Du welche, als Du anfingst mit Deiner Verkaufstätigkeit?

Andreas: Also mir waren sie zumindest damals nicht bewusst. Aber, wie gesagt, natürlich spielen die Prägungen, die wir mitbekommen, die Glaubenssätze eine große Rolle.

Gerade bei selbstständigen UnternehmerInnen ist ja oft auch das Thema: “Ich bin nicht gut genug” oder “Sind die andere noch besser? Und wie kann ich meinem Kunden helfen, wenn es noch andere gibt?”.  Das sind die Zweifel, die ein bisschen mitschwingen. 

Auch in die Richtung: “Ich darf mich nicht zu sehr aufdrängen, ich darf nicht zu viel sein.”

Christina: Du hast sogar ein Buch darüber geschrieben, dass leise Menschen anders verkaufen. Wo genau liegt der Unterschied? Wie verkaufen wir anders?

Andreas: Die Stärken des Leisen liegen ja vor allem darin, sich in der Tiefe mit seinem Gegenüber zu beschäftigen. Das heißt, es beginnt eigentlich schon – und das klingt jetzt technisch – beim Beziehungsaufbau. Dass man sich wirklich interessiert für sein Gegenüber, dass man wirklich an der Lösung für den potenziellen Kunden interessiert ist, und nicht in erster Linie den Verkauf im Fokus hat. Das heißt, der Mensch als solcher steht im Mittelpunkt.

Die wirkliche Bedarfsanalyse – was jetzt auch wieder technisch klingt. Zu ergründen, was braucht mein Gegenüber, wo steht sie? Oder wie kann ich vielleicht mit meiner Dienstleistung, mit meinem Produkt zu einer Lösung beitragen? Und erst wenn wir wirklich das Gefühl haben, das passt alles, also menschlich, aber auch natürlich inhaltlich, dann kommt im Prinzip der Verkauf. Das heißt, ich kann eine Lösung präsentieren, und kann es dann zum Abschluss bringen. Es klingt bitter, wenn man das so von außen betrachtet. So technisch, so berechnend, ist es aber gar nicht, sondern es ist immer dieses ehrliche Interesse, es verstehen zu wollen. Das heißt, zu ergründen, viele Fragen zu stellen, viel zuzuhören, sich ein Bild zu machen und dann auch nur zu helfen, wenn wir helfen können. 

Christina: Du nennst das auch empathischen Sogverkauf. Warum macht das eigentlich nicht jeder?

Andreas: Also grundsätzlich könnten damit auch laute Menschen mehr Erfolg haben, wenn sie das anwenden würden. Wie gesagt, der grundsätzliche Unterschied ist, dass die Leisen ja vom Naturell her eher Zuhörer sind. Verstehenwollende, sozusagen.

Wohingegen lautere Menschen, zumindest im Verkauf, wenn sie klassisch geschult sind, sehr viel reden und mit ihrer Kausalität versuchen, den Kunden zu überzeugen oder zuzutexten. Oder am besten noch mit Manipulationstechniken zum Kauf zu bewegen.

Grundsätzlich diese Empathie, die Dinge zwischen den Zeilen zu sehen, zu verstehen, zu hören, tiefer nachzufragen, die Beweggründe besser zu verstehen: das ist natürlich etwas, das uns generell in der menschlichen Beziehung guttun würde. Aber vor allem im Verkauf. Die Frage ist: Haben alle die Fähigkeiten dazu? Haben alle den Willen, sich so tief einzubringen ins Gespräch?

Und es kostet Zeit. Wenn man sich mit seinem Kunden, mit seinem Interessenten, in der Tiefe auseinandersetzt, dann sind Verkaufsgespräch in 30 Minuten nahezu ausgeschlossen. Und wenn ich – wie es heute teilweise gerne gemacht wird – gefühlt, alle halbe Stunde ein Verkaufsgespräch ansetzen will, dann kann ich nur selbst reden, reden, reden. Auf der anderen Seite muss ich dann auch so viele Verkaufsgespräche führen, weil ich sehr wahrscheinlich den Nerv meines potenziellen Interessenten nicht treffe. 

Christina: Du sagst, ein großer Bestandteil dieses Verkaufs ist die Bedarfsanalyse und der Beziehungsaufbau. Dafür braucht es ja doch viel Empathie, ein Fingerspitzengefühl für sein Gegenüber. Hast du einen Tipp, wie ich mein Gegenüber recht schnell einschätzen kann, ohne große Worte zu machen – was wir Introvertierten ja gerne vermeiden?

Andreas: Den einen Trick als solches gibt es nicht. Es geht für mich darum, dass man erstmal die Frage stellt: Warum sitzen wir heute zusammen? Und dann geht es relativ schnell schon tiefer. Da kommen oft Antworten, die sind vielleicht noch sehr plakativ, sehr an der Oberfläche. Und in dem Moment, wo ich das tiefer hinterfrage, bekommt das Gespräch schon eine ganz andere Tiefe. Und dann geht es vor allem um die Emotionen, die Beweggründe hinter dem vermeintlichen Bedarf.

Oft glauben wir ja, eine Lösung zu brauchen. Ob es dann wirklich die Lösung ist, die wir wirklich brauchen, wenn wir das eigentliche Problem, den eigentlichen Bedarf, kennen, das wird sich dann zeigen. Aber wir müssen meines Erachtens erstmal herausfinden, warum. Warum will die Person eine Lösung? Wofür sucht sie sie wirklich? Und das finde ich durch offene, tiefergehende Fragen heraus.

Ich muss natürlich die Fähigkeit haben zu spüren, ist das so wie es gesagt wird oder steht da noch was zwischen den Zeilen? Wenn ich das merke, dann frage ich nach. So bekommt das Gespräch schnell eine große Tiefe.

Christina:  Wenn jetzt hier jemand das Interview liest und gerne besser verkaufen möchte: Was wäre der erste Schritt, den ich heute oder zumindest diese Woche noch unternehmen kann, um besser zu verkaufen?

Andreas: Also der erste Schritt wäre für mich, sich noch mal klarzumachen, warum tue ich, was ich tue und wen will ich damit wirklich erreichen? Im Endeffekt geht es darum, diese Begeisterung zu verkaufen. Dieses Feuer, das in mir brennt, weiterzugeben. Daraus resultiert eigentlich auch die Frage und damit auch ein Stück weit die Antwort: Wer ist eigentlich mein Kunde? Nur Menschen, die mit meinem Weg, meiner Geschichte, meiner Dienstleistung in Resonanz gehen, können meine Kunden werden.

Wir können nicht alle überzeugen, wir wollen auch nicht alle überzeugen, weil nicht alle uns im positiven Sinne triggern. Und wir verstehen auch, wer ist nicht unser Kunde. Und da geht schon mal ein gewisser Druck verloren. Wenn ich in einem potenziellen Verkaufsgespräch merke, das Feuer springt nicht über, wir sind menschlich nicht auf einer Wellenlänge, wir haben eine unterschiedliche Wertewelt, dann ist es auch völlig in Ordnung, nicht zu verkaufen. Also ganz bewusst nicht zu verkaufen.

Im ersten Schritt erst mal zu sagen “Okay, das Gespräch hat nicht funktioniert, weil – das verstehe ich rückblickend – ich hätte gar kein gutes Gefühl gehabt.”

Wenn ich wirklich auf die Art und Weise des empathischen Verkaufs vorgehe, brauche ich keine Techniken, sondern ich brauche ein tiefgehendes Verständnis für meinen Kunden. Ich muss ihn kennenlernen, ich muss wissen, was bedrückt sie und muss verstehen, ob ich der Person wirklich helfen kann und will. Und wenn das gegeben ist, dann ist es wichtiger, dass diese Tiefe und diese Beziehung entsteht, und dass mein Kunde auch versteht, warum ich tue, was ich tue.

Christina: Also eher weg aus dem Kopf, mehr ins Bauchgefühl?

Andreas: Ja, absolut.

Christina: Du hast Dich ja sehr ausführlich mit introvertierten Verkäufern und extrovertierten VerkäuferInnen auseinandergesetzt. Wer sind denn die “besseren” VerkäuferInnen? 

Andreas: Besser in Anführungsstrichen. Ich glaube, jeder Verkäufer oder jede Verkäuferin hat natürlich ihre Stärken. Also Extrovertierte haben ganz andere Stärken als Introvertierte. Zum Beispiel fällt es Extrovertierten natürlich unheimlich leicht, bei jedem Einkauf, bei jedem Messebesuch, bei jeder Veranstaltung, neue Kontakte zu knüpfen, was eine tolle Stärke ist. Das ist etwas, was, glaube ich, den Leiseren nicht so gegeben ist. Zumindest nicht in der Ansprache selber.

Auf der anderen Seite fällt es eben, den Leiseren beispielsweise deutlich leichter, die Beziehung aufzubauen, die langfristige Kundenbeziehung aufrechtzuerhalten, weil dieses ehrliche und tiefere, vielleicht nachhaltigere Interesse dann auch da ist. Ich glaube, dass grundsätzlich in Unternehmen die leisen Vertriebler völlig unterschätzt werden, weil sie nicht so laut sind, weil sie vielleicht auch nicht so laut sprechen über ihre Erfolge. Es sind aber die, die nachhaltig da sind und deren Kunden langfristig bleiben.

Die Kunst wäre es, die Stärken beider Gruppen zu bündeln oder, wenn ich als selbstständiger Unternehmer unterwegs bin, zu sagen:  “Ich bin, wie ich bin, ich erkenne meine Stärken und nutze sie ganz bewusst. Ich bin mir aber auch bewusst, wo ich meine Schwächen habe und überlege mir, wie ich meine Schwächen ausgleichen kann.”

Christina: Andreas, ich danke Dir vielmals für deine Zeit und das schöne Interview.

Anmerkung: Die Redaktion übernimmt keine Verantwortung für die Inhalte des im Interview genannten Buchs.

 

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Ich bin Christina Jokilehto und begleite Dich weg von den üblichen lauten Marketing-Methoden. Hin zu einer Kommunikation, die Emotionen weckt und Vertrauen schafft.

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Deep Talk Ep. 14: Wie höre ich auf, als introvertierte Frau „zu lieb“ zu sein?

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